Vom 05. bis 07. Juni 2020 fand zum achten Mal die Veranstaltung zum Kleinbahner Diplom beim Deutschen Eisenbahn Verein (DEV) in Bruchhausen-Vilsen statt. Die Teilnehmerzahl ist in der Regel auf 4 begrenzt und ich hatte dieses Mal das Glück dabei sein zu dürfen.
Bisher hatte ich leider noch nie die Möglichkeit eine „richtige“ Dampflok selbst zu heizen oder zu fahren, so dass sich mit dem Kleinbahner Diplom beim DEV eine gute Gelegenheit ergab, die ich gerne genutzt habe und sich für mich wirklich gelohnt hat.
Der DEV möchte mit dem Kleinbahner Diplom Interessierten Einblicke in den Museumsbetrieb gewähren, die Funktion von Dampfloks und die Tätigkeiten von Heizern und Lokführern näherbringen.
Freitagnachmittag bei 13 Grad, böigem Wind und häufigen kleinen Regenschauern wurden wir 4 Teilnehmer herzlich in der Betriebswerkstatt in Bruchhausen-Vilsen von Insa und Eric mit einem kleinen Umtrunk begrüßt und nach einer Vorstellungsrunde von Eric durch die Werkstatt geführt, während Insa die Diesellok V 3 bereitstellte, mit der wir später, bevor es am nächsten Tag zur Sache gehen sollte, die Strecke erkunden wollten.
Nach dem Rundgang und interessanten Einblicken und Geschichten zu den Loks und Wagen der Werkstatt wurde es langsam Ernst. Ein Personenwagen wurde aus dem Schuppen geholt, um nicht nur mit der Lok die Strecke zu befahren und ein erstes Gefühl für das Rangieren zu bekommen.
Nach Anmeldung der Zugfahrt und Ausfüllen der nötigen Papiere ging es auf die Strecke, die über die Haltepunkte Vilsen Ort, Wiehe Kurpark und Vilser Holz zum Bahnhof Heiligenberg und weiter über die Haltepunkte Klosterheide und Arbste zum Endpunkt Asendorf führt. In Vilsen Ort und aus der Gegenrichtung in Wiehe Kurpark wird vom Zugführer die Blinklichtanlage für den Bahnübergang an der Homfelder Straße geschaltet. Die Züge halten somit an diesen beiden Haltepunkten grundsätzlich, an den anderen Haltepunkten nur bei Bedarf.
Da es sich um eine meterspurige Kleinbahn handelt, liegt die Streckenhöchstgeschwindigkeit bei 25 bis 30 km/h, die aber eher selten erreicht wird, da zum Teil die Gleislage, zum Teil die vielen Bahnübergänge es nicht zulassen da diese nur mit 5 oder 10 km/h befahren werden dürfen. Entsprechend oft muss geläutet und gepfiffen werden.
Halt eine richtige Bimmelbahn!
Nach der Ankunft in Asendorf wurde die Lok umgesetzt und die Rückfahrt angetreten. Wer wollte – ich natürlich – durfte, immer unter den wachsamen Augen von Insa und Eric, mal an den Regler.
In Bruchhausen-Vilsen wurden Wagen und Lok ordnungsgemäß abgestellt, die Papiere übergeben und wir haben dann gemeinsam den Abend bei einem guten Essen in der Bahnhofsgaststätte und interessanten Geschichten rund um den DEV ausklingen lassen.
Am Samstag war das Wetter etwas gnädiger. Kalt und windig war es immer noch, aber die Schauer wurden weniger. Um 7:30 Uhr war für uns Dienstbeginn. Zunächst wurden die Lager der Lok Hoya in der Untersuchungsgrube überprüft und danach Die Lok mit der Diesellok V3 vor die Werkstatt gezogen.
Nach einem Kaffee und einer kurzen Einweisung, die mich ein wenig an „Die Feuerzangenbowle“ erinnerte, durften wir ran an die Lok.
Wasserstand und Ventile prüfen, Entschlacken, Holz zum Anfeuern besorgen und dann endlich hatte ich die „Ehre“ die Lok anzufeuern.
Die nächsten 4 Stunden haben wir dann mit Putzen, Polieren, Prüfen, Ölen und Schmieren verbracht. Unglaublich, wieviel Fett und Öl so eine kleine Dampflok verbraucht. Am Ende war die Lok sauber und wir dreckig!
Einige kleine Reparaturen wurden während der Zeit des Aufrüstens ebenfalls erledigt und zwischendurch gab es von Insa immer Mal wieder einige Erläuterungen zur Funktionsweise einer Dampflok und eine Einweisung für die Hoya im speziellen.
Bevor es dann mit dem ersten Zug auf die Strecke ging, mussten noch die Wasser- und Kohlevorräte aufgefüllt werden und wir uns in der Bahnhofsgaststätte nochmals stärken.
Gut gesättigt (das Essen in der Gaststätte ist reichlich und lecker) haben wir die Lok vor unseren Zug rangiert, die Bremsprobe gemacht und wieder die nötigen Papiere abgeholt und ausgefüllt.
Und dann ging es los!
Mein erster Job: Heizer von Bruchhausen-Vilsen nach Heiligenberg. Was soll ich sagen, wir sind angekommen, der Kessel ist nicht explodiert und kein Fahrgast hat sich beschwert! Ok, Eric hatte immer ein wachsames Auge auf mich und hat selbst die Steigungsstrecke befeuert. Neben dem Kohleschaufeln obliegt dem Heizer noch der Blick auf den Wasserstand und Nachpumpen des Wassers und natürlich muss er auch immer ein Auge auf die Strecke haben und hier insbesondere auf die Bahnübergänge. Es wird nicht langweilig.
Danach ging es für mich als Lokführer von Heiligenberg nach Asendorf weiter. Bremse prüfen, Achtungspfiff und den Hebel betätigen; dabei schauen, dass niemand auf den oder vom Zug springt. Die Lok setzt sich langsam in Bewegung. Tolles Gefühl! Zwischen Heiligenberg und Asendorf gibt es – gefühlt – 1000 Übergänge und aktuell eine Gleisbaustelle bzw. Langsamfahrstelle. Läuten, Pfeifen, Geschwindigkeit drosseln und wieder beschleunigen beinahe im Minutentakt. Kleinbahn pur!
In Asendorf angekommen haben wir die Lok abgekuppelt und ich habe umgesetzt, angekuppelt und Bremsprobe gemacht.
Damit war erst einmal Dienstschluss für mich. Die anderen wollten ja schließlich auch noch mal heizen und fahren.
Wieder in Bruchhausen-Vilsen angekommen, musste die Lok erst einmal Wasser fassen und wir die Kohlevorräte auffüllen, bevor es mit dem zweiten Zug des Tages wieder auf die Strecke ging. Dieses Mal mit vertauschten Rollen. Ich war Lokführer von Asendorf nach Heiligenberg und Heizer von Heiligenberg nach Bruchhausen-Vilsen.
Am Ende des Betriebstages wurde die Lok abgerüstet, im Lokschuppen abgestellt und wir haben den Abend beim Grillen und weiteren lustigen und zum Teil unglaublichen Geschichten rund um den DEV und darüber hinaus in gemütlicher Runde ausklingen lassen, zu dem sich auch weitere Mitglieder zu uns gesellt haben.
Am Sonntag hatten wir schon fast Routine. Putzen, Polieren, Prüfen, Ölen und Schmieren während die Lok wieder angefeuert wurde und kleinere Reparaturen durchgeführt wurden. Schäden, die nicht jetzt repariert werden konnten wurden provisorisch aber betriebssicher hergerichtet und schriftlich notiert, so dass sie in der Betriebspause genauer untersucht und repariert werden können. …und wir hatten endlich herrliches Bilderbuchwetter. 16 Grad, trocken, strahlender Sonnenschein.
Da beim Aufrüsten alles reibungslos geklappt hat – wir sind ja inzwischen so etwas wie Profis geworden – hatte wir vor Abfahrt des Zuges noch so viel Zeit, dass wir den Zug selbst bereitgestellt haben, was gestern noch die Diesellok V3 für uns übernommen hatte. Wir haben dann auch gleich noch die Anforderungen erhöht und einen Güterwagen zusätzlich angehängt, sodass wir sozusagen als PmG auf der Strecke verkehrten.
Auch dieses Mal klappte alles reibungslos und alle Fahrgäste sind heil angekommen, obwohl es doch das eine oder andere nicht unbedingt vorauszusehende Ereignis gab. (Am Freitag lag eine Mülltonne mitten auf der Strecke und am Sonntag wollte ein Auto, trotz Läuten und Pfeifen unbedingt noch vor dem Zug über einen Bahnübergang. Was soll ich sagen, wir waren schneller! Die Autofahrerin hat es glücklicherweise eingesehen und zurückgesetzt.) Daneben gab es diverse Stellen an der Lok aus denen auf einmal Wasser tropfte, welche am Samstagmorgen noch dicht waren, was aber letztlich altersbedingt ist. Die Hoya wurde 1899 von Hanomag gebaut. Insgesamt aber ist die Hoya eine gutmütige alte Dame, mit der man wirklich gut auskommen kann. Eine schöne Lok in die ich mich fast ein bisschen verguckt habe.
Zum Schluss wurden noch einige Fotos gemacht, und jeder bekam ein Buch über die Fahrzeuge des DEV, eine Eisenbahnermütze und sein Diplom überreicht und wir durften uns ein letztes Mal beim Abrüsten der Lok ordentlich dreckig machen.
Jeder von uns ist während des Wochenendes die komplette Strecke einmal als Heizer und einmal als Lokführer gefahren. Es hat mir riesig Spaß gemacht und neben mir liegt ein – noch unausgefüllter – Mitgliedsantrag.
Wer weiß…